Die alte und neue Koalition hat die Chance verpasst, in ihrem neuen Koalitionsvertrag das Fahrrad als Verkehrsmittel signifikant zu stärken. Das Mobilitätskapitel umfasst magere drei Seiten, darunter vier magere Sätze für den Radverkehr: “Wir wollen den Bau neuer Radwege im staatlichen und im kommunalen Bereich verstetigen und 1.500 Kilometer Radwege bis 2030 realisieren. Durch gezielte Lückenschlüsse sollen landesweit durchgehende Radwegverbindungen geschaffen werden. Mit Radschnellwegen wollen wir direkte regionale Verbindungen schaffen und ein kraftvolles Zeichen für den Ausbau klimaneutraler Mobilität gerade in den Ballungsräumen setzen. Um den Umstieg vom Auto auf das Fahrrad zu fördern, investieren wir auch in Fahrradstraßen und Abstellanlagen.”
Das ist nicht ambitionierter als im letzten Koalitionsvertrag, in dem wenigstens noch das Ziel 20% Radverkehrsanteil bis 2025 benannt war. Noch nicht einmal das eigene Radgesetz findet Erwähnung und daraus nur die mageren 1500km zusätzliche Radwege bis 2030. Nichts zur Verkehrssicherheit, nichts zur VisionZero, nichts zur Radmitnahme, nichts zur Steigerung des Radverkehrsanteils am Gesamtaufkommen. Statt das Wahlrecht und die demokratische Beteiligung ab 16 Jahren einzuführen und statt Radfahren für Kinder und Jugendliche sicherer zu machen, will man lieber den Führerschein ab 16 Jahren einführen. Auch Teil des Koalitionsvertrags sind rückwärtsgewandte bzw. nichtssagende Sätze wie z.B. “Wir wollen die Investitionen in die Staatsstraßen auf hohem Niveau verstetigen” oder “In den Ballungsgebieten können (!) der ÖPNV und das Fahrrad eine zentrale Rolle spielen”.
Am Wichtigsten scheint zu sein, dass "Verkehrsträger nicht gegeneinander ausgespielt werden" - ein Totschlagargument um allen, die die faktische Bevorzugung des MIV kritisieren, als “Ideologen” hinzustellen. Obwohl offenbar erkannt wurde, dass z.B. bei der Bahn enormer Nachholbedarf besteht, möchte man die Priorisierung des KFZ-Verkehrs beibehalten. Fürs Rad bleiben nur die erwähnten 4 Sätzchen. Es bleibt bei dem, was eh schon geplant war und nur sehr langsam umgesetzt wird. So wird Bayern wohl auch in dieser Legislatur kein "Radlland", in dem alle sicher und gut radeln können. Viele tausend Radentscheid-Aktive hatten sich deutlich mehr gewünscht.
Was zum Fahrplanwechsel am 10. Dezember kommen soll, ist das Ein-Euro-Radmitnahmeticket, allerdings mangels ausreichender Kapazitäten vorerst nur mit vielen Einschränkungen und als zusätzliches Ticket. Einfacher wird die Radmitnahme so leider nicht, obwohl das das eigentliche Ziel war. Wir verhandeln noch, aber schon jetzt ist klar, der erste Schritt zur günstigeren Radmitnahme ist wirklich nur ein erster Schritt und alle ÖV-Unternehmen und politischen Akteure müssen Schritt für Schritt weiter nachbessern und die fehlenden Kapazitäten und Praktikabilitäten schaffen, sonst wird Bayern die Rote Laterne bei der Radmitnahme nie los. |