Redebeiträge auf der Auftaktpressekonferenz
Veröffentlicht am 5. Juni 2022
München, 2. Juni 2022
Redebeiträge auf der Auftaktpressekonferenz
Es gilt das gesprochene Wort! Eine Zusätzliche Pressemitteilung aller Bündnispartner finden Sie hier.
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Bernadette, Felsch
(Beauftragte des Volksbegehrens Radentscheid Bayern und Vorsitzende des ADFC Bayern):
Die Staatsregierung nennt Bayern schon seit Langem gerne Radlland, doch in Wahrheit fühlt man sich auf dem Radl in Bayern selten wirklich wohl und sicher:
Radwege und Abstellanlagen fehlen oder sind häufig so dürftig und unsicher, dass sie nicht zum Radfahren einladen.
An über der Hälfte der Staats- und Bundesstraßen fehlt hierzulande ein Radweg.
Auf dem Land hat man also meist lediglich die Wahl zwischen holprigen Feldwegen oder gefährlichem Radeln auf der Landstraße, wo man mit sehr hohen Geschwindigkeiten und wenig Abstand von schweren Kfz überholt wird.
Radmitnahme in Bus und Bahn ist teuer, nicht garantiert oder meist gar nicht erst möglich.
Zudem ist jedem Landkreis, jeder Stadt und jeder Gemeinde selbst überlassen, ob und wie sie den Radverkehr stärkt. Es hängt also v.a. vom politischen Willen, der Kassenlage und Personalausstattung ab, ob und was in einer Kommune für den Radverkehr getan wird – oder eben nicht. Das Ergebnis ist ein Flickwerk unterschiedlichster oft ungenügender und häufig zugeparkter Radwege.
Dort möchte man weder sein Kind noch seine Oma radeln lassen!
Aber auch Erwachsene fühlen sich auf dem Rad nicht als gleichwertige Verkehrsteilnehmende respektiert und sie sind bedingt durch Infrastruktur- und Planungsmängel sowie Sichtbehinderungen überdurchschnittlich gefährdet.
Zugleich zeigt ein Blick in die Niederlande und in Städte wie Kopenhagen, Barcelona oder Paris, dass sich nicht nur die Sicherheit, sondern auch das Miteinander im Verkehr durchaus verbessern, wenn die schwächeren Verkehrsteilnehmenden und ihre Bedürfnisse respektiert werden.
Da wollen wir auch in Bayern hin!
Nach eigenem Bekunden anscheinend auch die Staatsregierung, die 2017 das Ziel ausgegeben hat, den bayernweiten Radverkehrsanteil bis 2025 auf 20% zu verdoppeln. Angesichts der sich nur im Schneckentempo ändernden Rahmenbedingungen ist es aber kein Wunder, dass dieses Ziel absolut utopisch erscheint: Gerade mal + 1 Prozentpunkt ist die magere Bilanz der letzten 5 Jahre!
In so vielen Städten wie in keinem anderen Bundesland haben sich deshalb in den letzten Jahren kommunale Radentscheide gegründet. Sie haben über 240.000 Unterschriften für bessere Radverkehrsbedingungen gesammelt.
Fast alle wurden zum allergrößten Teil oder sogar zu 100% vom jeweiligen Stadtrat übernommen.
Bei der Umsetzung der kommunalen Radentscheide hat sich jedoch durchgängig bestätigt, dass Ressourcen fehlen.
Und auch dort wo Ressourcen nicht so knapp sind, geht viel zu viel Zeit und Geld für aufwendige Machbarkeitsstudien, Planfeststellungs‑, Planungs- und Beteiligungsverfahren oder wegen Diskussionen über Standards verloren.
Kurz: es gibt zwar immer mehr Papier und Willensbekundungen oder sogar Stadtratsbeschlüsse, aber in der Realität verbessert sich die Situation im alltäglichen Radverkehr kaum und der Frust in der Radentscheidbewegung und unter den Radfahrenden ist sehr groß
Wir vom ADFC Bayern fordern bereits seit 2018 ein Radgesetz für Bayern, das neben Zielen u.a. auch Zuständigkeiten, Ressourcen und Standards für die konkrete und zügige Umsetzung der radpolitischen Agenda regeln soll, so wie das in Berlin und NRW bereits der Fall ist.
Zudem erwarten wir vom Freistaat ein klares Bekenntnis, dass ein zügiger Ausbau der Infrastruktur für das klimafreundlichste Fahrzeug der Welt gewünscht ist und unterstützt wird.
Im letzten Landtagswahlkampf haben wir unsere Radgesetz Forderung allen damals im Landtag vertretenen Parteien vorgestellt.
Außer der CSU haben alle unsere Forderung befürwortet.
SPD und Grüne haben die Forderung für ein Radgesetz sogar in ihre Wahlprogramme aufgenommen und sie haben im letzten Herbst auch wirklich geliefert und Radgesetzentwürfe vorgelegt.
Leider wurden diese jedoch von den anderen Parteien im Landtag im März 2022 final abgelehnt.
Daraufhin ist der Druck aus der Radentscheid-Bewegung groß geworden, unsere vorbehaltliche Ankündigung, notfalls auch ein Volksbegehren zu starten, wahr werden zu lassen. Hierfür haben wir nun ein starkes Bündnis geschmiedet.
Weil ein Volksbegehren in Bayern nur zu einem Gesetz möglich ist und weil man einen volksbegehrenstauglichen Gesetzentwurf vorlegen muss, hat unsere Bündnis einen Radgesetz-Entwurf erarbeiten lassen.
Dieser enthält Elemente aus den Gesetzentwürfen der Grünen und der SPD und aus bereits bestehenden Radgesetzen und Entwürfen in anderen Bundesländern.
Unser Gesetzentwurf ist zudem so formuliert, dass es keinen Grund geben sollte, das Volksbegehren nicht zuzulassen. Wir haben das Finanztabu und Koppelungsverbot strikt beachtet, auch wenn wir dafür schweren Herzens auf so manche Forderung verzichten mussten.
Heute, einen Tag vor dem internationalen Weltfahrradtag, stehen wir also gemeinsam mit den Bündnispartnern vor Ihnen und in 2 Wochen werden wir beginnen, Unterschriften für die Zulassung zu sammeln.
Die Bündnispartner und unsere Kernforderungen wird nun unser stellvertretender Beauftragter Andreas Kagermeier vorstellen. Und unser Lenkungskreiskollege Paulus Guter, der einer der Vertreter der kommunalen Radentscheide ist, wird Ihnen dann noch einige Details zum Radentscheid Bayern erläutern.
Prof. Dr. Andreas Kagermeier
(stellvertretender Beauftragter des Volksbegehrens Radentscheid Bayern und Vorstandsmitglied des VCD Bayern):
Das Bündnis Radentscheid Bayern hat sich durch eine Initiative aus den 11 kommunalen bayerischen Radentscheiden (Augsburg, Bamberg, Bayreuth, Erlangen, Freising, München, Nürnberg, Neu-Ulm, Regensburg, Rosenheim und Würzburg) zusammen mit dem Allgemeinen Deutschen FahrradClub (ADFC) Bayern) und dem bayerischen Landesverband des VerkehrsClub Deutschland (VCD) gegründet.
Unterstützt wird der Radentscheid Bayern vom BUND Naturschutz (BN) und fünf bayerischen Landesverbänden politischer Parteien (Bündnis 90/Die Grünen, SPD, ÖDP, DIE LINKE, Volt).
Mit 11 Initiativen, 3 Verbänden und 5 Parteien hat sich ein starkes und breit in der Gesellschaft verankertes Bündnis jenseits der Regierungsmehrheit im Landtag formiert, das einen Aufbruch hin zu einer konsistenten, systematischen und konkreten Radverkehrspolitik reklamiert.
Die Forderung nach einer „Radverkehrsförderung mit System“ resultiert einerseits aus der von Bernadette Felsch bereits geschilderten Defizitanalyse aus Sicht der Radfahrer:innen.
Andererseits haben wir in den lokalen Radentscheiden – mit Blick auf die “Produktion” von Radverkehrsinfrastruktur – immer wieder feststellen müssen, dass durchgängige Radrouten oftmals daran scheitern, dass unterschiedliche Baulastträger (Kommunen, Kreise, Land) entlang einer Radverkehrsverbindung involviert sind.
Das klassische Stöhnen von Radfahrer:innen: „Warum hört der Fahrradweg hier einfach auf“, wenn sie am Ende der geschlossenen Ortschaft Radfahrer:innen plötzlich wieder auf die Kfz-Fahrbahn verwiesen werden, resultiert aus unterschiedlichen Zuständigkeiten.
Stellen Sie sich vor: auf der A9 würde an der Gemeindegrenze zwischen Garching und Neufahrn die 8‑spurige Autobahn plötzlich aufhören und der motorisierte Verkehr auf einen Feldweg gelenkt: UNDENKBAR für die Kfz, aber eben allzu häufig traurige Realität für Radfahrer:innen.
Die Ausgestaltung der Wege hinsichtlich Breite, Belag oder Führung über Kreuzungen folgt oftmals mehr dem individuellen Gusto der Planer:innen als eine stringenten Konzept – auch weil in Bayern die bundesweiten Empfehlungen für die Anlage von Radverkehrsanlagen [ERA] nicht verbindlich sind.
Kleinere Kommunen finden oftmals keine angemessene Unterstützung bei der Planung und Trassierung von Radwegen. Stellen Sie sich vor, für die umstrittene A94 durch das Isental hätte der Grunderwerb entlang der Strecke in jeder Kommune von den jeweiligen Bürgermeistern getätigt werden müssen. Über den Spatenstich wäre diese Autobahn sicherlich noch nicht hinaus gekommen. Aber bei Radwegen entlang von Kreis- und Staatsstraßen ist das Realität in Bayern. Auch wenn sich die Liste der Problempunkte auf der Angebotsseite noch fast beliebig verlängern ließe, sollen Sie an dieser Stelle nur als Beleg dafür dienen , dass es allerhöchste Zeit ist für eine bayernweite koordinierte, substantielle und dauerhafte Berücksichtigung des Fahrrades als Alltagsverkehrsmittel – gerade auch bei überörtlichen Verbindungen, die mit Pedelecs ja inzwischen für viele bewältigbar sind.
Wenn Verkehrsminister Bernreiter am 25. Mai 2022 stolz verkünden lässt, dass die sog. Radoffensive seines Ministeriums 27 Projekte mit 10 Millionen fördert, dann ist das nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein. Mit gut 300.000 € Zuschuss pro Projekt lässt sich keine Brücke und kaum einmal ein Kreuzungsumbau finanzieren. Zudem werden solche Mittel häufig im Windhundverfahren mit extrem kurzen Bewerbungsfristen von wenigen Wochen ausgeschrieben. Das sind mehr Beruhigungspflaster und Symbolpolitik, aber keine belastbare Unterstützung des Radverkehrsinfrastrukturausbaus in den Kommunen. Auch dass für das bayerische Radroutennetz nur ein Sachbearbeiter im Verkehrsministerium zuständig ist, kann eigentlich nur als Treppenwitz angesehen werden.
Diese insuffizienten Verhältnisse zu verändern, Radverkehrsangebote aus einem Guss – auch über Gemeindegrenzen hinweg – zu erreichen und eine durchgängige Berücksichtigung von Radfahrer:innen als gleichberechtigte Verkehrsteilnehmer:innen auf der kommunalen, der Kreis- und der Landesebene ist das Anliegen des Gesetzesentwurfs für ein Bayerisches Radgesetz, zu dem wir heute das Startsignal für einen Antrag auf Zulassung eines Volksbegehrens starten.
Allerdings mussten wir bei unserem Gesetzesentwurf viele Bereiche ausklammern, die eigentlich wichtig wären. Die Vorgaben für Volksbegehren im Landeswahlgesetz setzen möglichen Inhalten sehr enge Schranken. So dürfen in Volksbegehren keine Aspekte mit substantieller Haushaltsrelevanz enthalten sein. Auch gilt das Koppelungsverbot, d. h. Volksbegehren dürfen sich inhaltlich nicht auf mehrere Gesetze gleichzeitig beziehen. Damit verbunden ist, dass eben viele Bereiche, die direkt haushaltsrelevant würden nicht enthalten sein können. Trotz der engen Schranken der bayerischen Vorgaben können wir aber einen Gesetzentwurf zur Sammlung von Unterstützer:innen-Unterschriften vorlegen, der u.a. Folgende 6 zentrale Ziele verfolgt:
- Der Radverkehrsanteil am Gesamtverkehrsaufkommen in Bayern soll bis 2030 von 10 auf 25 % erhöht werden. Damit dies mehr als eine wohlfeile Sonntagsredenforderung wird, ist eine umfassende angebotsorientierte Radverkehrsförderung notwendig.
- Zur Erreichung des ersten Ziels ist der Sanierungsstau bei Rad- und Fußverkehrsinfrastruktur aufzulösen. Einmal gebaute Radwege müssen kontinuierlich unterhalten und auch dem Radverkehrsaufkommen, bzw. sich verändernden bundesweiten Qualitätsvorgaben angepasst werden … auch wieder ein Punkt der für Autobahnen selbstverständlich ist, aber bei Radwegen oftmals vernachlässigt wird.
Beim Neubau von Radverkehrsinfrastruktur darf kein Stückwerk entstehen, sondern es sind immer die gesamten Verbindungen für aktionsräumliche Orientierungen zu berücksichtigen. Dabei sind sichere und komfortable Verbindungen zu schaffen. Radfahren darf kein Hindernisparcours sein, sondern es muss bequem und intuitiv ablaufen können. Bei der Trassierung, den Querschnitten und auch bei Abstellmöglichkeiten sind die Bedürfnisse von Lasten- und Spezialfahrrädern zu berücksichtigen. - Vision Zero: Der Freistaat soll konsequent das Ziel verfolgen, dass sich in Bayern keine Verkehrsunfälle mit schweren Personenschäden oder Todesfolgen mehr ereignen (Vision Zero). Hierfür ist eine fehlerverzeihende Infrastruktur sowie mehr geschützter Raum für den Fuß- und Radverkehr unerlässlich.
Der Schutz von schwächeren Verkehrsteilnehmer:innen, insbesondere auch von Kindern und Senior:innen, muss oberste Priorität haben – z. B. durch Tempobeschränkungen und eine klar vom Kfz-Verkehr getrennte Fuß- und Radwegführung.
§ 1 der Straßenverkehrsordnung (StVO) fordert, dass der Verkehr durch ständige Vorsicht, gegenseitige Rücksichtnahme und Respekt aller Verkehrsteilnehmer:innen geprägt sein soll. Wir wollen, dass ein gutes Miteinander im Straßenverkehr in Bayern auch Realität wird.
Hierfür müssen die zuständigen Behörden zum Schutz der schwächeren Verkehrsteilnehmer:innen verstärkt kontrollieren und Ordnungswidrigkeiten, wie z. B. gefährdendes Parken auf Geh- und Radwegen oder absichtliche Nötigung auch sanktionieren. - Auch die Kombination des Fahrrad mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist durch entsprechende sichere und witterungsgeschützte Abstellmöglichkeiten – nicht nur an den Bahnhöfen, sondern auch an Regionalbushaltestellen – zu befördern. Gleiches gilt für die Fahrradmitnahme – insbesondere im SPNV.
- Während andere Bundesländer wie Nordrhein-Westfalen, Hessen und Baden-Württemberg nach dem Vorbild der Niederlande schon die ersten Abschnitte von Radschnellwegen als interkommunale Verbindungen für Pendler – insbesondere in Metropolregionen – umgesetzt haben, werden solche Routen in den Metropolregionen München und Nürnberg auf der langen Planungsbank zwischen unterschiedlichsten Zuständigkeiten und Finanzierungsproblem hin und her geschoben. Hier braucht es eine einheitliche ziel- und umsetzungsorientierte Vorgehensweise jenseits von partikularen Zuständigkeiten und Finanzierungsmöglichkeiten.
- Bei all dem schwebt uns beileibe nicht immer eine Asphaltierungsorgie für Radwege vor. Bei Neubau, Umbau, Ausbau und Sanierung von Straßen und Radwegen ist darauf zu achten, dass möglichst wenig Fläche in Anspruch genommen wird und diese möglichst wenig versiegelt wird. Zugleich müssen Radwege ganzjährig sicher und komfortabel befahrbar sein. Oftmals lassen sich Radfahrstreifen (teilweise als geschützte Radfahrstreifen mit entsprechenden Protektionselementen) auf bestehenden Verkehrsflächen schaffen. Auch Tempobegrenzungen oder die Veränderung der Priorisierung (z. B. durch die Ausweisung als Fahrradstraßen) können Radfahren sicherer machen, ohne dass zusätzliche Fläche versiegelt werden müsste.
Als Bündnis haben wir uns ein starkes Logo gegeben, das den Willen zur Durchsetzung dieser Ziele symbolisieren soll: Das für die Radentscheidbewegung bekannte Laufrad in Kombination mit dem bayerischen Symbol des Löwens. Der Löwe steht hierbei für den Kampfgeist der Radentscheidbewegung, für Ruhe, Weitsicht und für Vision. Für unsere Vision von einem klimafreundlichen, gesundheitsfördernden, sicheren und gerechten Mobilitätssystem. Gemeinsam sind wir stark wie ein Löwenrudel.
Paulus Guter
(Projektkoordinator Radentscheid Bayern und Vertreter der bayerischen Radentscheide):
Die Förderung des Radverkehrs im städtischen wie regionalen Bereich hat eine enorme Bedeutung für eine echte Verkehrswende. Mit einer echten Verkehrswende meinen wir nicht das, was die aktuelle Staatsregierung als Verkehrswende verkauft. Wir wollen eine echte Verkehrswende, die alle Menschen berücksichtigt, die gerecht ist, die die Gesundheit fördert, platzsparend ist und die Maximierung des Gemeinwohls im Fokus hat.
Während – wie eine Studie[1] von Prof. Dr. Stefan Gössling von der Universität Lund aus dem Jahr 2018 zeigt – Radfahrende mit jedem gefahrenen Kilometer einen volkswirtschaftlichen Gewinn von 30,5 Cent erzeugt, kostet jeder Kilometer mit einem Kfz die Volkswirtschaft 26,9 Cent. Laut einer Studie[2] von Prof. Carsten Sommer von der Universität Kassel kostet der PKW-Verkehr Kommunen etwa dreimal so viel wie der ÖPNV. Und über letzteres wurde zuletzt durch das 9€-Ticket viel diskutiert. Wenn schon nicht die externen Kosten in unserem Verkehrssystem internalisiert und bepreist werden, so muss erst Recht der Umweltverbund, also ÖPNV, Rad- und Fußverkehr systematisch und dauerhaft gefördert werden.
Während in allen Sektoren die CO2-Emissionen die letzten Jahre zumindest ein wenig gesunken sind, stagnieren die Emissionen im Bereich des Verkehrs. Selbst gesetzte Ziele von Bundes- und Landesregierungen werden krachend verfehlt. Der Verkehrssektor hat im Jahr 2021[3] deutschlandweit drei Millionen Tonnen CO2 zu viel emittiert – und das sind nur die eigenen viel zu geringen Ziele der Bundesregierung. Im Freistaat[4] betragen die verkehrsbedingten CO2-Emissionen 34 Millionen Tonnen pro Jahr, das sind 42 Prozent der Emissionen in Bayern.
Eine Veröffentlichung[5] des Umweltbundesamtes zeigt, dass bis zu 30% der Pkw-Fahrten auf den Radverkehr verlagert werden können. Zudem ist tägliches Fahrradfahren gesund. In einer Gesellschaft, in der Übergewicht, Bluthochdruck, Herz-Kreislauferkrankungen oder Diabetes Volkskrankheiten sind, kann eine moderate körperliche Aktivität von 30 Minuten das Risiko dieser Erkrankungen erheblich verringern. Vermeintliche Nachteile wie z. B. das höhere Unfallrisiko oder die Einatmung von Feinstaub oder Schadstoffen, werden von den Vorteilen für die Gesundheit um ein Vielfaches übertroffen, das zeigen Ergebnisse der Universität Utrecht.
Zudem werden aktuell in Bayern täglich fast 12 Hektar Fläche[6] verbraucht, das etwa 17 Fußballfeldern entspricht. Mit einer konsequenten Förderung des Radverkehrs ließen sich massiv der Flächenverbrauch im Verkehrsbereich einsparen, da weniger Straßen gebaut werden müssen. Dies benötigt aber sichere, direkte und bequeme Radwegeverbindungen.
Die CO2-Emissionen, der Lärm, der Feinstaub, die Verschmutzung der Ökosysteme sowie gesundheitliche Schäden müssten bepreist werden und dann würden wir sehen, dass das Fahrrad das beste Verkehrsmittel ist und bestens geeignet auf alltäglichen und kurzen Strecken. All diese Fakten sprechen dafür, dass das Fahrrad als Verkehrsmittel gefördert und in den Fokus gerückt werden muss.
Und die Menschen, die skeptisch sind, möchte ich fragen: Hättet ihr euch 2010 vorstellen können, dass es einige Jahre später das Normalste in der Welt ist, dass man in Kneipen und Restaurants nicht mehr rauchen darf?
Das waren jetzt die Fakten und Forderungen, doch wie geht es weiter?
Am 16.06. starten wir mit der Unterschriftensammlung bayernweit. Besonders im Fokus steht die Unterschriftensammlung auf dem überregional bekannten Tollwood Festival. In vielen Städten und Gemeinden werden sich die nächsten Wochen erst noch Sammelteams und lokale Bündnisse aus den bayernweiten Bündnispartnern gründen, während in den elf Radentscheid-Städten schneller gestartet werden kann. Zudem sind bayernweit Sammelstellen im Aufbau, die auf der Webseite eingegeben und nachgesehen werden können. In der ersten Runde wollen wir 35.000 Unterschriften in ganz Bayern sammeln.
Doch dabei gibt es einiges zu beachten
- Unterschreiben darf man nur auf den offiziellen Unterschriftenbögen, die beim bayernweiten Koordinationsteam bestellt werden können, das ist eine gesetzliche Vorgabe.
- Nur Personen aus derselben Gemeinde sollten auf demselben Unterschriftenbogen unterschreiben, denn die Unterschriften werden auf Gemeindeebene geprüft
- Wer in der ersten Runde beim Zulassungsantrag unterschreibt, hat noch nicht vorgesorgt für das echte Volksbegehren, der 14-tägigen Eintragungsfrist im Rathaus. Dort muss ein zweites Mal unterschrieben werden
- Wir lassen jede Person mit Hauptwohnsitz in Bayern unterschreiben und selektieren nicht nach vermeintlicher Wahlberechtigung
Neben der Unterschriftenabgabe und ‑sammlung rufen wir alle Interessierten und Aktiven auf, unseren Newsletter zu abonnieren und uns auf Instagram, Twitter, Facebook oder LinkedIn zu folgen und unsere Beiträge zu teilen. Wir freuen uns zudem besonders über Mitarbeit in unseren bayernweiten Arbeitsgruppen, die wir großteils ehrenamtlich stemmen.
Bald zeigen wir auch auf unserer Homepage Testimonials, die Menschen aus der Breite der Gesellschaft zeigen, die unser Vorhaben unterstützen.
Zudem rufen wir auf, sich mit einer Spende zu beteiligen. Von ca. 80.000€ benötigten Spenden in der ersten Phase des Zulassungsantrages konnten wir ca. die Hälfte durch Verbände und Parteien decken. Wir freuen uns deshalb über jede, auch noch so kleine, Zuwendung.
Jetzt bleibt mir nur noch zu sagen: Treten wir in die Pedale für das Klima, für unsere Gesundheit und vor allem für mehr RadFairkehr in Bayern!
[1] https://nationaler-radverkehrsplan.de/de/aktuell/nachrichten/fahrrad-hat-gesamtgesellschaftlichen-nutzen-von-30
[2] http://2019.nationaler-radverkehrskongress.de/praesentationen/pdf/C4_Sommer_Carsten_Kosten-des-Stadtradverkehrs.pdf
[3] https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/klimaschutz-trotz-corona-pandemie-verkehrssektor-verfehlt-auch-2021-seine-klimaziele/28249088.html
[4] https://www.lfu.bayern.de/umweltdaten/indikatoren/klima_energie/co2_emissionen/index.htm
[5] https://www.umweltbundesamt.de/themen/verkehr-laerm/nachhaltige-mobilitaet/radverkehr#vorteile-des-fahrradfahrens
[6] https://www.stmuv.bayern.de/themen/boden/flaechensparen/verbrauchsbericht.htm